Ein 22-Jähriger trägt sich ins Poesiealbum ein – und bleibt ein Leben lang ein guter Freund.
Emil Schiwy (1904–1983) wurde als fünftes Kind einer Bergmannsfamilie in Gelsenkirchen geboren. Nach der Schule erlernte er den Beruf eines Technischen Zeichners und Maschinenschlossers. Doch nach seiner Ausbildung im Jahr 1925 fand er keine Arbeit. Die Arbeitslosigkeit war hoch und die Zeiten waren schwierig, insbesondere im Ruhrgebiet. Wegen Rückständen bei den Reparationszahlungen waren ab dem 11. Januar 1923 französische und belgische Truppen in das Ruhrgebiet einmarschiert. Es waren schließlich bis zu 100.000 Mann Besatzung. Die nationale Empörung aufgrund der Ruhrbesetzung war in Deutschland groß. Massenstreiks waren die Folge, die Reparationen wurden eingestellt. Der wirtschaftliche Schaden war riesig. Das war wohl einer der Gründe, weshalb der junge Mann nach Esslingen kam.
Bei Emma Meyle fand er Unterschlupf und wohnte in Untermiete bei ihr in der Weilstraße 22 in Esslingen, Pliensauvorstadt. Emil Schiwy engagierte sich in der Gemeinde Esslingen und hier fand er Freunde. Insbesondere mit Emil Bühler und Paul Meyle verband ihn eine enge Freundschaft, die ein Leben lang hielt.
Zu seinem Abschied schrieb er in das Poesiealbum von Gertrud Metzger, spätere Großmutter von Dorothee Frohnmaier, die ihre Unterlagen der Geschichtswerkstatt zur Verfügung gestellt hat:
Manch guter Rat – ich habe ihn gelesen
In diesem Buch – der dir gewidmet ist
Doch müßtest Du verändern oft Dein Wesen
Ehʼ allem Du gerecht geworden bist. –
Drum sagʼ ich Dir von Einem,
der den Willen des Vaters immer tat.
Such Deinen Seelenhunger so zu stillen,
Und alle Wünsche werden sich erfüllen,
die dieses Büchlein hat.
Zum Abschied von Deinem Freund Emil Schiwy, 29.3.1926
Emil Schiwy kehrte nach Gelsenkirchen zurück. Die Besetzung des Ruhrgebiets hatte auf Druck der Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritanniens im Juli und August 1925 geendet.
Aufrechterhalten blieb die Verbindung nach Esslingen. Das dokumentieren erhalten gebliebene Postkarten und Briefe. Fotos zeugen von Besuchen der Familie Schiwy, denn Emil hatte 1930 die Ehe mit seiner Frau Margarete geschlossen. An der freundschaftlichen Beziehung änderte sich auch nichts, als Emil Schiwy 1951 zum Apostel und 1968 zum Bezirksapostel der Gebietskirche Nordrhein-Westfalen ordiniert wurde.